Mein Coaching-Blog

 

Hier veröfffentliche ich aktuelle Beiträge meines Coaching-Blogs

 

Schütteln Sie auch immer Ihre Bewerbung so aus dem Ärmel?

(Teil 1: Das Anschreiben)

                                (veröffentlicht am 17.1.20)

 

In diesem Blogbeitrag geht es um das Thema „Bewerbungsanschreiben“, und ich schreibe darüber, weil ich echt, also wirklich echt, genervt bin.

 

Also, schütteln Sie auch immer Ihr Bewerbungsanschreiben so aus dem Ärmel? Ja? Sieht man! Ob ich das ernst meine? Leider ja!
 

Es ist mir ein wahres Anliegen, zu dem Thema einiges loswerden zu können. Und – vielleicht tut es ein bisschen weh, aber am Ende haben wir doch beide was davon – Sie eine Einladung zum Vorstellungsgespräch und sind damit im Rennen um den (Traum-) Job eine Runde weiter, und ich habe endlich mal gute Bewerbungen auf meinem Schreibtisch liegen.

 

Mal ernsthaft: ich habe schon auf Messen gestanden, um Bewerbungstrainings anzubieten, und viele der Vorbeilaufenden lachten bei dem Anblick meines Banners mit der Aufschrift „Bewerbungstraining“ und sagten (oftmals lachend und kopfschüttelnd) Sätze wie: „Also, wenn ich eins nicht brauche, dann ein Bewerbungstraining!!“ oder „Also, Bewerbungen kann ich selbst schreiben, da brauche ich keine Hilfe“ oder aber „Da frage ich lieber mal die Nachbarin der Cousine meiner Tante, ich habe gehört, die kann sowas, bevor ich da Geld für bezahle“. Komischerweise hat nie jemand der Kopfschüttelnden etwas von einem Bewerbungsgespräch gesagt, und dass man dafür kein Training benötige. Tja, die Vermutung liegt nahe, dass diese Personen nie soweit gekommen sind. Übrigens: auf Messen, auf denen ich Bewerbungs-Checks und Tipps für Vorstellungsgespräche umsonst angeboten habe, hatte ich eine Schlange am Stand, als würde ein Eismann vor einer Grundschule halten und dort umsonst das leckerste Eis der Welt anbieten; aber das nur am Rande.

 

Momentan besetze ich für ein mittelständiges Unternehmen eine Position im Personalbereich, und da diese Position recht attraktiv ist, habe ich knapp 260 Bewerbungen bekommen und gesichtet. 5 Bewerbungen sind mir als äußerst positiv in Erinnerung geblieben, 8-10 sind mir als äußerst negativ in Erinnerung geblieben, ich schätze 12-14 waren „ok“, der Rest war 08/15. Und genau das 08/15-Format lässt mich verzweifeln. Kein Wunder, dass immer mehr Personaler über Personalberatungen Stellen besetzen lassen.

 

Was ich mit 08/15 meine? Also, man schreibt eine generische Bewerbung, die man direkt an 20, 50 oder 100 Unternehmen schicken könnte. Darin beschreibt man sich selbst…was man so beruflich gemacht hat…seine Stärken… „zuverlässig“… „erfahrene Führungskraft“… „pragmatisch“… „bla!“, und am Ende freut man sich auf das Vorstellungsgespräch, weil man ja –ach so perfekt!- auf die Stelle und ins Unternehmen passt.

 

Kurze Frage: Wieso?! Was soll einen Personaler dazu bewegen, das genau so zu sehen, wie Sie? Und: wie um Himmels willen kommen Sie darauf?!

 

Als Sahnehäubchen ist es bei den 08/15 ern ganz häufig dann auch noch so, dass die Anrede nicht stimmt. Da steht dann sowas wie: „Sehr geehrter Herr Meier“, statt „Sehr geehrte Frau Rahe“, weil beim zig-fachen Versenden immer mal wieder gern vergessen wird, die Anrede zu überschreiben. Das Gleiche gilt für die Position: wird sich noch im Betreff um die aktuelle Position beworben, steht dann nicht selten im Fließtext eine ganz andere Position, für die sich die/der Bewerber/in als absolut richtige Besetzung anpreist. Das ist leider echt wahr.

 

Hand aufs Herz – wenn Sie das jetzt lesen und sich irgendwie angesprochen fühlen, betreten sind oder Sie fühlen, wie Ihnen die Galle hochkommt, dann seien Sie sich gewiss: ich will Ihnen helfen, Ihnen etwas Gutes tun, Sie bewegen, etwas anders zu machen, und, ja, ich geb´s zu, klar denke ich dabei auch an mich. Wie soll ich mir ein Bild von den 08/15 ern machen? Soll ich alle gut 230 telefonisch interviewen? Soll ich alle zum Gespräch einladen? So läuft das leider nicht; wenn man sich nicht durch die Bewerbung ein Bild von einer Bewerberin, einem Bewerber machen kann, wenn die Bewerbung nicht „rund“ ist, dann wird sich weggelegt. Dann kommt sie mit viel Glück noch auf den Stapel „on hold“, aber in der Regel bekommt man recht bald eine Absage.

 

Mir scheint, dass aber durch die Bank fast jeder Wert auf einen korrekten Lebenslauf legt, der ein tolles Design hat und der überzeugt. Aber wer im Anschreiben in 60 % der Fälle die Anrede „Sie“ kleinschreibt und on Top auch noch so manchen Rechtschreibfehler macht, kann nicht erwarten, dass einen der schön designte Lebenslauf „raushaut“.

 

Also, was Sie unbedingt tun sollten: bewerben Sie sich gezielt, schauen Sie sich die Homepages der Unternehmen an. Fast überall findet man den Bereich „Wir über uns“ oder „Unternehmensleitlinien“,  „Unsere Werte“ oder „Unser Anspruch“. Dort wird viel über das Unternehmen verraten, was Ihnen bei Ihrer Bewerbung unglaublich weiterhelfen kann. Beschäftigen Sie sich damit, stellen Sie Verbindungen her, identifizieren Sie sich, wenn möglich, und bauen Sie das in Ihre Bewerbung ein! Machen Sie deutlich, warum Sie sich ganz gezielt bei diesem Arbeitgeber bewerben, warum Sie der oder die Richtige sind! Da man sich in der Regel auf eine konkrete Position bewirbt, gehen Sie auf das Anforderungsprofil der Stellenanzeige ein, stellen Sie ein „Matching“ her, so dass es für die/den Personalverantwortlichen glasklar wird, dass es ein „fit“ gibt, dass Sie „passen“. Bei Widerständen und Einwänden, wie „Ist das nicht Bauchpinselei“ oder „Das kostet aber Zeit!“ kann ich nur entgegnen: „Warum? Und – ja, und?“ Stellen Sie sich vor, Sie sind die/der Personalverantwortliche und lesen, dass sich der Bewerbende mit dem Unternehmen beschäftigt hat, dass er weiß, worauf er sich einlässt, dass er sich gezielt bewirbt – fühlen Sie sich gebauchpinselt oder sind Sie vielleicht eher leicht beeindruckt von der Auseinandersetzung mit Ihrem Unternehmen, oder davon, dass da jemand ist, der Ihre Erwartungen erfüllt oder sogar übertrifft?

 

Und zum zeitlichen Faktor: Ja, es kann sein, dass Sie 2-3 Stunden mehr für diese „runde“ Bewerbung benötigen; es kann sogar sein, dass Sie sich einen halben oder einen ganzen Tag damit beschäftigen. Und? Was, wenn Sie dadurch zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden und somit einer guten Position ein Stückchen näher kommen? Ich meine es wirklich ernst: diese Zeitinvestition lohnt sich! Natürlich kann ich Ihnen nicht garantieren, dass Sie die Stelle dann schon so gut wie sicher haben, denn zwischen dem Job und Ihnen steht dann mindestens noch ein Bewerbungsgespräch.

P.S. Welche Erfahrungen ich dabei gesammelt habe und was dabei alles schief gehen kann, das berichte ich Ihnen in Teil 2 - meinem nächsten Blog.

 

 

 

Haben Sie noch Träume und Wünsche?

(veröffentlicht am 23.01.18)

 

Wer kennt das nicht: als kleines Kind, da denkt man, es stünden einem alle Wege frei. „Wenn ich mal groß bin, werde ich Pilot“ oder Busfahrer…Erzieherin…Astronaut…Verkäufer in der Eisdiele…Kapitän oder Prinzessin.

Als Kind, da sind die Gedanken noch frei und noch nicht eingeschränkt und eng-erzogen, und wenn man dann noch Eltern hat, die ihrem Kind sagen: „Ja, Kind, alle Wege stehen dir offen – du kannst alles werden, alles schaffen, was du willst“, dann können Träume oder Wünsche tatsächlich Wahrheit werden.

 

Seufz.

 

Was aber, wenn die Eltern ihrem Kind so etwas nicht sagen? Was, wenn sie sagen: „So ein Blödsinn, werd´ lieber Mechaniker, so wie dein Papa, da weißt du, was du hast“, oder „Das schaffst du sowieso nie!“, oder vielleicht auch: „Ich wollte immer eine Ausbildung bei der Stadt machen, aber dann kamst du und alles war anders. Deswegen sollst du unbedingt die Möglichkeit haben, eine Ausbildung bei der Stadt zu machen, etwas Besseres kann dir gar nicht passieren, Kind!“. Manchmal weht der Wind auch aus einer ganz anderen Richtung: „Was?! Du willst KOCH werden?! Bei uns haben noch alle studiert, und das wirst du gefälligst auch tun! Was sollen denn sonst die Leute denken? Denk´ doch mal an uns und nicht immer nur an dich! Wir werden dich dabei niemals finanziell unterstützen, pfff!“.

 

Was haben denn Ihre Eltern gesagt? Gehörten Sie zu den Engels-Kindern? Waren Sie eins der Kinder, das von seinen Eltern bedingungslos unterstützt wurde? Wurden Sie gefördert, gestärkt, motiviert und bekamen dann als Krönung die Flügel von Ihren Eltern, um frei und positiv, mit festem Willen und einem Lächeln auf den Lippen in Ihre berufliche Zukunft zu starten?

 

Doppel-Seufz.

 

Dann wische ich mir schnell die Träne aus dem Gesicht, ziehe den Hut vor Ihren Eltern und gratuliere Ihnen von Herzen. Kein Wunder, dass wir uns noch nicht kennengelernt haben. Die Menschen, denen ich beruflich begegne, die zu mir kommen, bei denen war es fast immer ganz, ganz anders.

 

Freier Wille? Träume? Wünsche? Das wurde ihnen als Kind schon abgewöhnt. Träumen war Kinderquatsch, Wünsche durfte, nein, musste man zu Weihnachten und zum Geburtstag haben, bis es Geld gab, ansonsten waren Wünsche anmaßend und unangebracht. Als Kind wurden Wünsche und Träume einfach von den Eltern oder anderen aus der engeren familiären Umgebung aufgrund ihrer Denkweise oder Lebenswirklichkeit fehl- oder wegprogrammiert.

 

Die meisten meiner Coachees wissen gar nicht mehr, wie das geht, dieses Träumen.  Und Wünsche? Die hat man noch nichtmals mehr Weihnachten. Haben Sie auch keine Träume mehr? Und Wünsche? „Fehlt“ Ihnen auch nichts? Kennen Sie das Gefühl noch, zu träumen? Ich meine nicht, dass Sie sich die Bilder Ihres letzten Griechenland-Urlaubs zurück vor Augen holen, ich meine wirklich Träumen, sich etwas ausmalen, sich für sich etwas wünschen außer diesem „Gesundheit und ein langes Leben“-Floskel-Bla.

 

Machen Sie beruflich das, was Sie sich als Kind erträumt und gewünscht haben? Wie, Sie wissen gar nicht, was Sie mal werden wollten? Was für ein Leben Sie führen wollten? Was meinen Sie mit: „Das ist doch viel zu lange her, damals war ich doch erst vier oder fünf, als ich das gesagt habe, das ist doch total unrealistisch“?

 

Was in aller Welt ist Ihnen widerfahren, dass Sie danach keine Träume mehr für sich selbst hatten?! Ja, die Frage ging an Sie persönlich, aber, keine Sorge, wie schon vorhin kurz erwähnt – Sie sind nicht alleine. Sehr vielen Menschen geht es heute so und man könnte zu dem Schluss kommen, dass es sich um eine Art Schema handelt. Scheinbar ist es bei vielen Kindern der direkten Nachkriegsgeneration so, dass sie Kinder bekommen haben, bei denen dann einfach Träume und Wünsche aberzogen wurden. Viele von den Kindern dieser Kinder berichten mir in unseren Coaching-Stunden, dass sie zwar nicht unglücklich in ihrem Job, aber auch nicht glücklich damit sind. Sie wissen, irgendetwas anderes, Fähigkeiten, Begabungen, Neigungen, liegen in ihnen tief begraben, aber sie können sie nicht richtig finden oder gänzlich ausgraben. Die meisten berichten mir von einer inneren Leere, trotz geregeltem Gehalt, trotz Ehe, Kinder und Familie, auch trotz Haus und Hund. Sie berichten von der Ahnungslosigkeit von dem, was sie können und wollen. Fast alle von ihnen haben es verlernt, sich etwas zu wünschen, haben es verlernt, zu träumen, sich ihre Zukunft bunt auszumalen; die meisten von ihnen haben resigniert und kommen, wenn alle kostenlosen VHS-Kurse ausgeschöpft sind und leider nichts gebracht haben (oh, böse, ich weiß) quasi als letzte Hoffnung zu einem Coach, der sich dann auch hoffentlich auf die berufliche Neuorientierung spezialisiert hat – ja, unter anderem so jemand wie ich zum Beispiel. Obwohl er Geld kostet.

 

Und wissen Sie was? Sie können jederzeit wieder lernen zu träumen! Sie können es wieder lernen, Wünsche zu haben! Das liegt alles in Ihnen! Ihre Talente, Ihre ureigenen Fähigkeiten und auch Teile Ihrer Persönlichkeit liegen in Ihnen in einem tiefen Dornröschen-Schlaf und können jederzeit wieder wachgeküsst werden. Sie dürfen mir glauben – denn ich weiß es, genau wie Sie es auch (eigentlich längst) wissen und sich (noch) nicht trauen, sich selbst zu glauben.

 

 

P. S. Ein Vorschlag

 

Leider gibt es heute immer noch viele Menschen, die meinen, dass ein Coach zu teuer ist. Manchmal sind es aber auch die Partner, die Eltern (die schon wieder!) oder Freunde, die einem sagen, dass es Quatsch ist, Geld in einen Coach zu investieren. Aber: ist es das wirklich? Hm, Teile meiner Antwort könnten diese Leute verunsichern: kann eine Investition in sich selbst, in die eigene Zukunft, eine Fehlinvestition sein? Höchstens, wenn der Coach Ihnen nicht helfen kann, und genau das erkennen Sie oder sagt Ihnen Ihr Bauchgefühl in einem ersten Kennenlern-Gespräch, das für Sie kostenlos sein sollte. Wie wäre es denn mit einem allerersten neuen Wunsch für Sie? Dann hätte ich einen Tipp:  Wünschen Sie sich doch ein Coaching.

 

 

 

 

 

Wie steht es denn mit Ihrer Wut?

(veröffentlicht am 27.07.2017)

 

Ist Ihnen in letzter Zeit aufgefallen, wie unzufrieden, gereizt und wütend die Menschen, denen Sie so täglich begegnen, sind? Oder – andere Frage: sind Sie vielleicht unzufrieden, gereizt und wütend?

 

Mittlerweile gehören die Situationen, in denen man genau das spüren kann, leider schon zum Alltag dazu. Gestern z. B. fuhr ich zu einer guten Freundin – nette Gegend, idyllisch gelegen, und sah, dass schräg links vor mir eine ältere Dame dabei war, ein Garagentor aufzuschließen, während der Wagen, der ohne Fahrer zu sein schien, langsam rückwärts Richtung Straße rollte, so, als sei die Handbremse nicht angezogen.

 

Schnell bremste ich ab, hupte gleichzeitig und zog den Schlüssel, um schnell aus dem Wagen irgendwie in das rollende Auto springen zu können, während sich zeitgleich ein hagerer kleiner, alter Mann aus der Rückenlehne des Fahrersitzes, in dem er zuvor scheinbar versunken war, schälte. Die ältere Dame vor dem Garagentor fuchtelte wild mit den Armen, mit hochrotem Kopf. Ich stieg aus, rief ihr zu: „Es sah so aus, als säße niemand im Wagen und Ihr Auto würde nach hinten auf die Straße rollen!“

 

Es dauerte kurz, bis ich verstand, was die ältere Dame mir mit verzogenem, rotem Gesicht zurief. „Sind Sie bescheuert, hier einfach dumm ´rumzuhupen, Sie bekloppte Furie?!? Was wollen Sie? Was soll das?“ Der Mann, der die Scheibe heruntergefahren hatte, meckerte ebenfalls, ich verstand aber nicht so recht, was er sagte, aber wie er es sagte, reichte völlig. Ich wiederholte meinen Grund, worauf die Frau schrie (!): „Ja, ja, stören Sie sich an Ihren eigenen Mist!“

 

Zugegeben, ich stieg dann doch sehr irritiert in meinen Wagen und fuhr weiter. Ich dachte mir, dass ich ja wüsste, dass „gut gemeint die kleine Schwester von Scheiße“ war, aber dass Hilfsbereitschaft – denn genau das war es ja, da ich einen für die Frau hätte entstehenden Schaden vermeiden wollte – das auch ist….das hatte ich dann doch noch nicht auf dem Schirm.

 

Andere Situation: 20.37 Uhr, ich stehe im Supermarkt an der Kasse. Vor mir stehen zwei Männer mit ein paar Waren in ihren beiden Einkaufswagen, vor ihnen ist eine Frau, vielleicht 35, dabei, die Waren aus ihrem getürmt-gefüllten Einkaufswagen auf das Kassenband zu legen.

 

Der Mann direkt hinter ihr regt sich auf. „Boah, das darf nicht wahr sein! Warum muss man soo viel einkaufen?! Ich verstehe so was nicht!“ Der Mann hinter ihm nickt: „Ich kann das auch nicht verstehen!

Wahrscheinlich hat die Frau 10 Kinder, sonst würde sie wohl nicht den ganzen Laden leer kaufen. Bescheuert, so was! Zweite Kasse!! Können Sie nicht endlich eine zweite Kasse aufmachen?!“ Die Mitarbeiterin klingelt nach einer weiteren Kassiererin, die beiden Männer schaukeln sich gegenseitig hoch.

 

Das Band ist voll, die Frau stapelt die Waren auf dem Kassenband übereinander, da im Wagen immer noch Lebensmittel liegen. Es kommt nicht direkt eine zweite Kassiererin. „Zweite Kasse, habe ich gesagt!!!“ zischt der Mann vor mir der Kassiererin zu. Als 5 Sekunden später nichts passiert, schubst er den Wagen mit den Worten: „So eine Scheiße muss ich mir nicht bieten lassen! Ich kann auch woanders kaufen! Da freuen sich eben die anderen!“ zur Seite und verlässt demonstrativ und wutentbrannt den Supermarkt. Als er an der Frau vorbei geht, die immer noch Waren auf das Band stapelt zischt er ihr „asoziale Kuh“ zu. Aus einer Tür tritt eine weitere Kassiererin ein, der andere Mann geht mit einem herablassenden, verachtenden „das wurde aber auch Zeit!“ zur  zweiten Kasse.

 

Soll ich Ihnen verraten, wie viel Zeit vergangen war? Die beiden Männer und ich haben uns in etwa zeitgleich angestellt. Ich habe es mir vor einiger Zeit angewöhnt, die Zeit an der Kasse zu nutzen, um eben meine E-Mails zu checken oder in meine WhatsApp-Benachrichtigungen zu schauen, daher wusste ich die genaue Uhrzeit. Es waren DREI Minuten. DREI. Den beiden Kunden vor mir reichte der Fakt, dass der Einkaufswagen voll war, aus, um wütend zu werden und – wie in dem Fall des einen Mannes – um regelrecht auszuticken. Dass das Kassieren in dem Supermarkt bekanntlich schnell ging, wurde scheinbar einfach ausgeblendet. Was, Bitteschön, ist passiert, dass wir keine DREI Minuten Zeit mehr an einer Kasse haben?!

 

Man geht ja in einen Supermarkt mit dem Erfahrungswert im Hinterkopf, dass dort Menschen sind, die wenig, mehr oder auch ganz viel einkaufen könnten. Es ist also gar nicht nötig, es zu erwähnen, aber ich hörte, wie die Frau, als sie alles eingepackt und bezahlt hatte beschämt zur Kassierin sagte: „Tut mir leid, aber ich pflege meine kranke Tante bei uns zu Hause, und mein Mann kommt fast nie so pünktlich von der Arbeit, dass ich noch schnell Einkaufen fahren kann. Ich bin leider auf die großen Einkäufe angewiesen.“ Tatsächlich lächelte die Kassiererin die Frau an und sagte schulterzuckend „es regen sich ständig Leute auf. Beim ersten Mal, als einer abgehauen ist, dachte ich `boah, wie krass´, aber mittlerweile habe ich das schon ganz häufig so erlebt. Keine Ahnung, was solche Typen für Sorgen haben.“

 

Das waren nur zwei Situationen von zig täglich möglichen.

 

Also: was haben solche Typen für Sorgen? Gehören Sie auch zu diesen „Typen“?

 

Regen Sie sich auch so schnell auf? Können Sie Ihre Wut spüren? Ich möchte Sie gern einladen, in der gerade geschilderten Situation im Supermarkt, die Rolle des Beobachters einzunehmen. Also Folgendes: stellen Sie sich vor, Sie stehen neben der Schlange an der Kasse im Supermarkt. Vielleicht  stehen Sie gerade an einem aufgebauten Ständer mit Waren aus dem aktuellen Prospekt…mit Werkzeugen, Blumen oder Wein. Eine etwa 35 Jahre alte, gestresst und gehetzt wirkende Frau, nennen wir sie Frau A., steht mit einem übervollen Wagen an der Kasse. Vielleicht ist es ihr sogar etwas peinlich, dass ihr Einkaufswagen so voll ist. Jeder weiß: an der Kasse sollte es schnell gehen, also legt sie die Waren so schnell sie kann auf das Kassenband.

 

Beim Warenauflegen, sieht sie hinter sich eine Person, Herrn B., der beim Anblick ihres Einkaufswagens die Augen genervt verdreht. Sie packt weiter, so schnell sie kann und nimmt dabei jede seiner Regungen wahr. Sie selbst beobachten, wie sich sein Gesicht verfinstert, wie Herr B. seine Zähne zusammenbeisst, wie sich die Kiefermuskulatur verhärtet. Er atmet tief und hörbar ein und aus, es klingt fast wie ein Schnauben. Sie sehen seine Augen, die immer schmaler werden, bis sie kleine Schlitze sind. Die Wut und gleichzeitig eine verachtende Kälte funkeln in den Augen, seine Unterlippe zieht sich nach unten, die Nase wirkt gerümpft, der Gesichtsausdruck ist verachtend. Frau A. bemüht sich, noch schneller ihren Einkaufswagen leer zu bekommen, aber: das Band ist voll.

 

Sie spüren Herrn B.´s Wut, die verachtenden, die vernichtenden Blicke. Frau A., am Band,  hat rein faktisch diesem immer wütender werdenden Mann nichts getan, trotzdem beginnt er, über sie schlecht zu reden, mehr noch – er beginnt sogar, die Frau, die einfach nur einkauft, zu beleidigen. Eine weitere Frau, die direkt hinter Herrn B. an der Kasse steht, ist scheinbar genauso verhasst wie er, pflichtet dem aggressiven Herrn B. bei –  ab jetzt sind beide gegen die Frau A.. Herr B. wird so rasend vor Wut, dass er nichts außer sich selbst und seine eigene Denkweise wahrnimmt, so dass er das Geschäft sogar verlässt, ohne dort einzukaufen – ganz klar wegen Frau A., die einfach nur einen Einkauf macht, und weil, obwohl Frau A. viel einkauft, keine weitere Kasse aufgemacht wird.

 

Kommen Sie nun aus der Beobachter-Rolle wieder heraus. Wie fühlen Sie sich jetzt? Was fühlen Sie? Wie ist es Ihnen als Beobachter ergangen? Erkennen Sie sich in Herrn B. wieder? Ich bin sehr sicher, dass Sie, wenn Sie in der wütenden Rolle stecken, sich sehr im Recht fühlen – bleibt es dabei, wenn Sie in die Rolle des tatsächlich Unschuldigen schlüpfen – oder verändert sich da was?

 

Wenn man in der Lage ist, von außen quasi auf sich selbst zu blicken, ist es oft die erste Möglichkeit, zu erkennen, dass vielleicht etwas nicht stimmt. Es ist die Möglichkeit,  mit dem Zeigefinger, den man normalerweise automatisch auf andere richtet, in die eigene Richtung zu zeigen. Die Frage ist nun – warum sind Sie so wütend? Können Sie Ihre Wut spüren? Mal angenommen, Sie spüren Ihre Wut – vielleicht gehen Sie einfach mal verschiedene Lebensbereiche durch – Job, Familie, Sport, Hobbies, Eltern, Kindheit – tritt bei einem dieser Kontexte die Wut wieder auf? Wenn nicht, sollten Sie gedanklich weitere Kontexte durchgehen und fühlen, wo die Wut auftritt.

 

Wenn Sie einen Bereich gefunden haben, sollten Sie beginnen, daran zu arbeiten – oder wollen Sie noch länger andere für Ihre schlechten Erfahrungen büßen lassen?

 

Das Bewusstsein der eigenen Wut und das Bewusstsein der eigenen Außenwirkung sind zwei sehr große Erfahrungen, die Sie machen können, um persönlich einen großen Schritt weiter kommen zu können.

 

Ich gratuliere Ihnen von Herzen, wenn Sie um diese Erfahrungen reicher geworden sind. Wenn Sie bei der Bearbeitung des vergangenen, grundsätzlich wutauslösenden Kontextes Unterstützung benötigen, kontaktieren Sie doch einen Coach, der Sie darin unterstützt.

 

Ohne diese Wut im Körper lebt es sich leichter, versprochen. Und jeder einzelne Mensch, der seine Wut verliert, macht unser Miteinander, unsere Gesellschaft, ein Stückchen besser.  

 

 

 

 

Über Helikopter-Väter und Glucken-Mütter – oder auch „berufliche Orientierung für Jugendliche“

(veröffentlicht am 09.06.2017)

 

Klein Paul sitzt bei 19 Grad und Sonnenschein mit seiner Regenlatzhose, Gummistiefeln, Halstüchlein und Mützchen mit zwei weiteren zwei oder drei Jahre alten Kindern im Sandkasten auf dem akribisch gepflegten Spielplatz einer Einfamilienhaussiedlung. Plötzlich nimmt er den Sand in die Hand und wirft ihn hoch. Der Sand rieselt auf ihn herunter, Paul quietscht vor Vergnügen. Seine Mutter, die in einem für sie angemessenen Abstand von 50 cm neben ihm sitzt, greift sofort ein. „Du, du, du, Paulchen, das darfst du nicht! Das ist Bah! Sie zieht an seiner Hand, klopft den Sand ab und gibt ihm die kleine Schaufel in die Hand. „Davon kannst du Aua Augen kriegen, dann müssen wir wieder zum Onkel Doktor!“

 

Plötzlich nimmt Mia, die ihm gegenüber ihn ihrer Regenlatzhose sitzt, eine große Hand voll Sand und wirft sie auf Paul. Paul fängt an zu weinen, weil er sich erschreckt. Mias Mutter ist entsetzt, tätschelt ihrer Tochter das Händchen und sagt: „Du musst nicht so einen Unsinn nachmachen, den Paul macht! Schäm´ dich, dass du das nachgemacht hast! Der Paul hat nur Blödsinn im Kopf!“ „Deine Tochter hat meinen Sohn beworfen!“ giftet Pauls Mutter sie an.

Beide klopfen den Sand von den Kindern ab und gehen.

 

Mias Mutter beschließt, Pauls Mutter ab jetzt nicht mehr zu grüßen, Pauls Mutter vermeidet ab dem Tag, mit Mia und ihrer Mutter zeitgleich auf dem Spielplatz zu sein. Zu Hause erzählen die Frauen es ihren Partnern. Mias Vater schwillt der Hals, er meint: „ Ich hab´s doch gewusst, die sind nicht in der Lage, Kinder zu erziehen! Warte ab, wenn ich die das nächste Mal sehe! Dann können die sich von mir aber was anhören!“. Pauls Vater sagte in etwa das Gleiche zu seiner Frau.

 

Was macht das dritte Kind im Sandkasten? Das dritte Kind sitzt ganz alleine da, lässt den Sand durch seine Finger gleiten, wirft ihn hoch und quietscht vergnügt. Die Mutter sitzt in drei, vier Metern Abstand auf einer Bank und lächelt ihr Kind glücklich an. Sie hat ein Buch in der Hand und liest, als ihr Kind schaukeln möchte und ihre Hilfe braucht, steht sie auf und schubst es auf der Schaukel an. Danach beschäftigt sich ihr Kind wieder mit dem Sand. Ein wenig wehmütig schaut die Mutter, wieder auf der Bank sitzend, zu ihm rüber. „Schade, dass er keine anderen Kinder zum Spielen hat“, flüstert sie leise in ihr Handy, als sie mit ihrem Partner telefoniert. „Saßen die anderen Mütter wieder neben ihren Kindern und haben nur mit ihnen gespielt und sie genau bewacht?“ fragt sie ihr Partner. „Ja, leider“, seufzt sie zurück.

Sie glauben nicht, dass das wirklich so passiert ist? Wenn das so ist, sind Ihre Kinder entweder schon erwachsen, oder Sie haben (noch) keine Kinder. Leider ist diese Situation mittlerweile die Regel.

 

Kinder werden überwacht, verhätschelt, ihr Umgang schon im frühesten Kindesalter kontrolliert,  bewertet und selektiert. Diese Kinder werden nie angstfrei und unbefangen auf einen Apfelbaum klettern und sich erproben. Diese Kinder fallen nicht hin, ziehen sich eine Schürfwunde zu und rennen dann weiter – nein, diese Kinder werden dann zum Kinderarzt gefahren.

 

Was ist denn nur passiert, dass eine Helikopter-Eltern-Generation entstehen konnte?! Gerade diese Generation war doch als Kinder frei. Wir sind doch die Kinder der Kinder der Nachkriegs-Generation – wie konnte sich so ein Verhalten entwickeln? Haben wir nicht alle unsere Kindheit weitestgehend draußen verbracht – OHNE unsere Eltern? Waren wir nicht frei und glücklich und vor allem SELBSTÄNDIG?

 

Kamen die Eltern mal nicht rechtzeitig vom Einkaufen zurück, saß man als Kind schon mal auf der Treppe des Wohnhauses und wartete eine halbe Stunde. Das war überhaupt nicht schlimm, wir wussten ja, dass sie bald wiederkommen würden – sollte so etwas heute passieren, muss man Angst haben, dass die Nachbarn direkt das Jugendamt darüber informieren. Wie auch immer es dazu kommen konnte – es tut Ihren Kindern nicht gut!!!

 

Sie wachsen in einer „überheilen“ Welt auf, Mama und Papa tragen sogar ihre Konflikte aus – egal ob mit Lehrern, Mitschülern oder Nachbarskindern – mehr noch, Mama und Papa weiten diese Konflikte häufig auf die Eltern der anderen Kinder aus und grenzen dadurch auch ihr soziales Umfeld (falls sie überhaupt eins besitzen) immer mehr ein.

 

Nicht nur, dass diese Kinder keine Eigenständigkeit lernen, Helikopter-Eltern stehen auch im Verdacht, neben anderen psychischen Störungen auch ADHS und Essstörungen bei ihren Kindern auszulösen.

 

Immer, immer häufiger werde ich für Coachings zur beruflichen Orientierung angefragt, weil die Jugendlichen entweder nach der 10. Klasse oder nach dem Abi überhaupt keine Ahnung und nicht die geringste Vorstellung von dem haben, was sie machen wollen.

 

Wie denn auch? Diese Kinder wurden nie in das Leben der Eltern integriert – die Eltern haben sich in das Leben der Kinder integriert! Es gab keinen Freiraum, eigene Vorstellungen zu entwickeln. Häufig wurde diesen Kindern auch jeder Wunsch von den Augen abgelesen – so dass sie gar nicht mehr fähig sind, einen Wunsch zu entwickeln, von Dingen zu träumen, die sie selbst erreichen können.

 

Diese Jugendlichen zeigen ihre Unsicherheit entweder offen, weil sie es nicht verhindern können, und wirken, als hätten sie „Opfer“ auf der Stirn stehen, oder sie verbergen sie hinter einer Fassade aus unangemessener Arroganz und Selbstverliebtheit. Diese Sorte zählt häufig zu den „Mobbern“, den „Tätern“, auch, wenn sie innerlich selbst zugrunde gehen.

 

Eine Bitte an alle, die Kinder haben oder zukünftig welche bekommen – lassen Sie Ihren Kindern Freiraum. Freiraum zum Träumen, zum Entwickeln, zum Selbstständig-Werden. Sie zeigen Ihre große Liebe und Ihre große Fürsorge am besten, wenn Sie Ihr Kind zur Selbständigkeit erziehen. Geld wächst nicht auf den Bäumen, Mama und Papa werden irgendwann nicht mehr da sein – das sollten Ihre Kinder einfach wissen. Sie werden es Ihnen danken, das verspreche ich Ihnen. Wie heißt es so schön? „Lieben heißt, Loslassen zu können“ – und es stimmt.

 

Unsere Eltern gaben uns irgendwann Flügel, und wir waren startklar, die meisten von uns wussten, wie man die Flügel benutzt, wie wir unser Leben leben wollten.

 

Die überbehüteten Kinder sind eher mit Straußen-Vögeln zu vergleichen – sie haben zwar auch Flügel, können diese Dinger aber niemals nutzen.

 

 

 

 

 

Über den Umgang mit besonders „wichtigen“ Menschen

(veröffentlicht am 01.06.2017)

 

Kennen Sie diese Menschen, die sich selbst so wichtig nehmen, dass man innerlich entweder in schallendes Gelächter ausbricht oder sich entnervt fragt, warum XY nicht mal ein einziges Mal seinen Mund halten und seinen Senf für sich behalten kann?

 

XY muss bei jeder Gelegenheit und jedem die drei für ihn/sie wichtigsten Geschichten, in denen er oder sie die Hauptrolle gespielt hat (oder haben soll), erzählen und Sie übergeben sich innerlich, sobald Sie merken, dass dem „AN“-Knopf durch ein Gesprächsthema oder einen Unterhaltungspartner gefährlich nah gekommen wird?

 

Oder Sie arbeiten in einem Team und eine Person aus dem Team gibt überall an, er/sie allein hätte alles gemacht, sogar Ihre Aufgabe in dem Team habe er oder sie gemacht, weil diese Person einfach so unentbehrlich ist und so wichtig, dass nur sie es „richtig“ machen kann, und Sie platzen innerlich, Ihre Hand ballt sich hinter Ihrem Rücken zu einer Faust und Sie fragen sich, wie ein einziger Mensch solche Wahrnehmungsstörungen haben kann?

 

Kennen Sie sowas auch? Vielleicht haben Sie auch so eine Person in Ihrem unmittelbaren Umfeld; im Freundes- der Bekanntenkreis, im Job, im Ehrenamt? Und wie fühlen Sie sich dabei? Sind Sie in der Lage, darüber gnädig und voller christlicher Nächstenliebe hinwegzusehen, und sich mit einem Lächeln auf den Lippen zu denken „Liebe deinen nächsten wie dich selbst, also liebe ich auch XY“? Also, ich bin auch Christin und tief verwurzelt in meinem Glauben, aber das ist schon ein sehr schwieriges Unterfangen. Da stellt man sich schnell die Frage: „Warum sollte ich diese Person lieben, wie mich selbst, wenn sie es bei mir umgekehrt nicht tut?“.

 

Grandios, wenn Sie diesen Gedanken bereits hatten, denn an der Stelle sind Sie bereits am Knackpunkt der Geschichte!

 

Also wie geht man richtig mit diesen überdimensional „wichtigen“ Menschen um?

 

Ich versuche es mal, an einem Coaching-Fall aufzuzeigen.

Ein Mann erzählte mir in einem Coaching, dass er in seinem Freundeskreis einen „Freund“ hätte, der immer alles besser wissen musste, der ihn selbst immer „klein machen“ wollte und bei jeder Gelegenheit zwanghaft konkurrieren musste. Dabei wirkte er stets eiskalt und sehr egozentrisch, so, als ob die ganze Welt sich ausschließlich um ihn selbst drehen würde. Bei jeder Gelegenheit spielte er sich in den Vordergrund, übernahm häufig Aufgaben, von denen er aufgrund seiner ausgeprägten Selbstüberschätzung gerade mal 15 % selbst erfüllen konnte; die anderen 85 % machte still und bescheiden mein Coachee. Trotzdem erzählte der egozentrische, unbelehrbare Freund allen, dass er alles alleine gemacht hätte und betitelte sich selbst als Koryphäe auf dem Gebiet.

 

Mein Coachee wusste nicht, wie er auf die Person, der Einfachheit halber nennen wir sie Tom, reagieren sollte, denn er merkte, dass Tom ihm einfach nicht gut tat. Ihm war nicht wirklich klar, ob sein Bekannten- bzw. Freundeskreis mitbekam, dass er einfach nur ein Blender war, ein Wichtigtuer, und ob andere ihn tatsächlich mochten oder nicht. Doch ihm war sehr bewusst, dass er unter seinem vermeintlichen Widersacher litt, aber nicht in der Lage war, Tom eine Grenze zu setzen.

 

Tatsächlich hatte Tom meinem Coachee geraten, mal zu einer „Psychotante“ oder einem „Psychoonkel“ zu gehen, weil er bestimmt irgendein Drama in seiner Kindheit erlebt haben musste, sonst wäre er ja wohl nicht so „weich“ und so „ruhig“; eben ganz anders als Tom, der sich selbst, laut meinem Coachee, als „psychisch  gesünder als die meisten, die er kannte“ bezeichnete.

 

Ist es nicht seltsam, dass dieser Tom meinem Coachee sein eigenes „Ding“ überträgt? Möglichst weit weg von sich selbst, hatte er meinem Gegenüber sein persönliches Drama abgegeben, ihm seinen eigenen Stempel aufgedrückt, denn, wer, glauben Sie, hat denn wohl das Drama in seiner Kindheit erlebt?

 

Damit zurück zu dem Knackpunkt der Geschichte: liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

 

Aber wie soll das gehen, wenn man sich selbst nicht liebt?

 

Ganz im Gegensatz zu Tom war mein Coachee sehr wohl in der Lage, andere zu lieben, wie sich selbst, da er sich selbst akzeptierte und liebte, und einfach  nicht verstand, dass, wenn er andere so respektvoll und wertschätzend behandelte, er ein solches Verhalten wie das von Tom darauf zurückbekam.

Ich bat meinen Coachee, einmal Abstand zu nehmen, und quasi mit mir auf einer Wolke sitzend von oben nach unten zu sehen, um eine übergeordnete, eine Metaperspektive für eine konkrete, ihn belastende Situation, die er mit Tom erlebt hatte, einzunehmen. Ich bat ihn zu beschreiben, was er sah und wie es von oben wirkte, was die beiden da unten machten und wie die Umwelt, die vielleicht beteiligt war, reagierte.

 

„Ich sehe jemanden, der sich überall in den Vordergrund drängelt, einen Mann, der in allem der  Beste ist, der eiskalt ist, der mich und andere klein machen will und mir absichtlich weh tut, und der keinem das Haar in der Suppe gönnt. Und ich sehe mich - ich habe die ganze Arbeit gemacht, was er jedoch für sich benutzt, damit er glänzen kann - aber ich kann ja in seinen Augen nichts. Die Leute um uns herum scheinen nichts zu merken“, beschrieb er zunächst.

 

Dann bat ich ihn, eine weitere und dann noch eine weitere Situation „von oben“ Revue passieren zu lassen. Er beobachtete sich und Tom fünf Situationen, und die Art der Beschreibung änderte sich. Wut und Ohnmacht, Verletzung und Empörung wurden weicher, es kamen ihm Zweifel, er wurde leiser bei der Beschreibung der letzten Situation.

 

Irgendwo mittendrin gab es für ihn merkbar einen „Aha-Effekt“, denn als ich ihn bat, zurück in die zuerst beschriebene Situation zu gehen, beschrieb er die Situation wie folgt: „Ich sehe Tom, der alles dafür tut, um Aufmerksamkeit zu bekommen, der quasi darum bettelt, gemocht zu werden. Ein Mann, der gar nichts anderes mehr mitbekommt, weil er nur darauf fokussiert ist, irgendwie von anderen anerkannt und gemocht zu werden. Er ist wie ein Roboter, der nur einen Vorgang einprogrammiert bekommen hat. Und ich sehe mich, der viel kann und viel gemacht hat, der von anderen, die um ihn herum stehen, angelächelt und gemocht wird, der anerkannt wird, der aber trotzdem traurig ist, weil Tom ihn behandelt als würde er gar nicht existieren, weil er mit allem Nachdruck versucht, alle Augen auf sich zu ziehen - aber es trotz aller Bemühungen nicht schafft. Er tut mir plötzlich richtig leid.“

 

Als wir von unserer „Wolke“ wieder unten auf dem Boden angekommen waren, fragte ich ihn, wie es ihm ging. Er sagte, dass dieses dumpfe Gefühl von Wut und Ohnmacht weg ware, dass er inzwischen Mitleid für Tom empfände, und dass es ihm ohne diese Wut im Bauch  weit besser ging.

Was war passiert? Tom hatte seinen Fokus so auf sich selbst gerichtet, dass mein Coachee irgendwann dasselbe machte – er legte den Fokus auch auf Tom. Während die meisten aus ihrer Umwelt wahrnahmen, wie Tom „tickte“, hatte mein Coachee irgendwann angefangen, ihn genauso wichtig zu nehmen, wie Tom es selbst tat – er war in seine negative Umlaufbahn geraten und mitgesogen worden. Er ist nicht mehr bei sich selbst geblieben – und es tut niemandem gut, sich in anderen zu verlieren und sich seiner selbst nicht mehr bewusst zu sein.

 

Das Problem lag in Tom, nicht in meinem Coachee. Der wollte für die Zukunft bei sich selbst bleiben, und ich unterstützte ihn bei  der Entwicklung und Etablierung einer Technik, mit der er zukünftig selbst prüfen konnte, ob er bei sich selbst war, und mit der er in der Lage war, sich immer wieder neu zu kalibrieren.

 

Also – wie geht man mit überdimensional „wichtigen“ Personen um?

Oft hilft tatsächlich die Einnahme einer Metaperspektive. Ist die Situation wirklich so, wie Sie sie in der Situation selbst wahrnehmen? Wie reagiert Ihre Umwelt? Wie war es in anderen Situationen? Man neigt häufig beinahe ohnmächtig dazu, zu denken, dass man aus der Situation nicht herauskomme, weil man „den anderen nicht ändern“ könne. Das stimmt, Sie können den anderen nicht ändern – aber Sie können schauen, an welchem Punkt Sie sich vielleicht selbst verändert oder verloren haben, wo Sie zurück zu sich selbst finden sollten.

 

Personen mit Ausprägungen, wie Tom sie zeigte, neigen häufig dazu, insbesondere empathische Menschen in ihre negative Umlaufbahn zu ziehen. Wenn Sie das merken, in dem Sie einfach mal von Ihrer „Wolke nach unten schauen“, ist es beinahe einfach, sich daraus wieder zu befreien. Verlagern Sie Ihren Fokus wieder auf sich, auf Ihre Fähigkeiten, werden Sie sich wieder Ihrer „selbst bewusst“. Gehen Sie mit diesem Menschen um, wie Sie es mit allen anderen tun, aber bleiben Sie bei sich und Sie sind sicher.

 

Und was ist mit dem, der sich überall hervortut und um Aufmerksamkeit bettelt?

 

Sie können ihn oder sie nicht „retten“. Sie können dieser Person auch keine Therapie empfehlen, das heißt, Sie können schon, aber Ihr Gegenüber wird Sie höchstwahrscheinlich auslachen, weil er oder sie es nicht so empfindet, da diese Personen in ihrer eigenen Lebenswahrheit leben (wie wir im Prinzip alle), aber extrem immun gegenüber Ratschlag und Kritik sind. Sie können aber hoffen, Sie dürfen auch gerne beten, dass es irgendwann bei der Person „Klick“ macht und sie erkennt, dass womöglich irgendetwas mit ihr selbst nicht stimmt, denn nur dann, wenn es dieser Person selbst auffällt und ein Veränderungswunsch entsteht, kann auch Veränderung passieren.

 

 

 

 

 

 

Psychopathen als Führungskräfte? (Achtung, provokant)

(veröffentlicht am 08.05.2017)

 

Kaum ein Spruch ist so wahr wie dieser: "erstklassige Manager stellen erstklassige Mitarbeiter ein, zweitklassige Manager drittklassige Mitarbeiter". Was aber, wenn diese zweitklassigen Manager eine Abteilung mit erstklassigen Mitarbeitern übernehmen?

 

80 % meiner Coachings haben auf irgendeine Art und Weise immer etwas mit der oder dem zuständigen Vorgesetzen meiner Coachees zu tun. Über 80 % !

Und das sind diejenigen, die sich Unterstützung suchen – wie viele leiden und schlucken und quälen sich zur Arbeit oder bekommen gar ein Burnout und lassen sich erst helfen, wenn es zu spät ist und sie ausgebrannt sind?

 

Neue Studien besagen, dass sich in den deutschen Führungsetagen immer mehr Psychopathen (darunter fallen auch Narzissten und notorische Blender) tummeln, dass es für die Karriere gar ein Vorteil sein kann, ein Psychopath zu sein. Ja, und jetzt? Meinen Unternehmen tatsächlich, dass diese Menschen wirklich den Fortschritt machen und das Unternehmen weiterbringen?

Diese - häufig narzisstischen - Psychopathen stellen nur zu gern drittklassige Manager ein, halten sie manchmal wie Sklaven, lassen sie arbeiten bis tief in die Nacht und schmücken sich dann mit den Ergebnissen der Sklavenarbeit vor der Geschäftsführung, um dort damit zu glänzen.

 

Aber zurück zu der Abteilung mit dem zweitklassigen Chef und den erstklassigen Mitarbeitern. Zunächst schmückt sich der narzisstische Psychopath auch hier mit fremden Federn und findet die tolle Arbeit seiner Mitarbeiter genial. Was er so gar nicht genial findet, das ist das (da noch vorhandene) Selbstbewusstsein seiner Mitarbeiter. Das nervt ihn sogar so sehr, dass er alles daran setzt, es irgendwie verschwinden zu lassen. Manchmal gar sind die Mitarbeiter so dreist, dass sie ihm den Federschmuck abnehmen und behaupten, es seien ihre Ergebnisse, ihre Arbeiten, ihre Präsentationen und Ideen, mit der der zweitklassige Manager versucht, die Aufmerksamkeit der Geschäftsführung zu erregen.

 

Der Psychopath lässt das natürlich nicht ungestraft – er besitzt in der Regel eine kleine einfallslose, aber oft kurzfristig wirksame Sammlung an Boshaftigkeiten, die als Antwort darauf folgen. Gerne wird dann dem Mitarbeiter, auf den gerade die Sonne scheint, ein Fehler untergeschoben. Weil einer oft nicht reicht, kommen zwei, drei weitere, die eine dicke Wolke vor die Sonne schieben.

 

Der zweitklassige Manager sorgt bei der GF für die richtige, miese Stimmung und dafür, dass alle Klärungsversuche des intelligenten Mitarbeiters nicht mehr wie die Wahrheit aussehen, sondern wie billige Rechtfertigungen. Reichen unterstellte Fehler nicht, werden Gerüchte verbreitet oder direkt Lügen erzählt, um den erstklassigen Mitarbeiter zu diskreditieren. Damit wären wir bei dem Anfang vom Ende des Mitarbeiters bei der Firma angekommen – aber nicht nur bei seinem, doch das weiß der Psychopath beim Lösen seiner Milchmädchenrechnung nämlich noch nicht.

 

Ist das Mobbing erst auf der Tagesordnung und der Mitarbeiter der Dorn im Auge, läuft es häufig auf eine Trennung „im gegenseitigen Einvernehmen“ hinaus. Kommen jedoch Abmahnung und Kündigung, dann wartet schon mal der ein oder andere arbeitsrechtliche Gerichtstermin, zu dem in der Regel, sie dürfen gerne raten, wer nicht erscheint? Richtig, der Psychopath. Der ist es nämlich lediglich gewöhnt, Dinge ausschließlich von hinten aus dem Hintergrund manipulativ zu steuern – von einer Begegnung vor Gericht sieht er ab und nennt anderen vielleicht sogar einen Grund; so etwas wie „das tu´ ich mir nicht an…Herr X hat unserer Firma schon so sehr geschadet, dass ich ihm diese Gelegenheit nicht gebe, seine Lügen nochmal vor mir zu erzählen“.

Und was steckt dahinter? Allen die jetzt „Feigheit“ denken, gratuliere ich schon mal – Sie haben Recht!

 

Tatsächlich verlieren am Ende alle – vor allem die/der erstklassige Mitarbeiter/in, die bzw. der an Selbstachtung, Selbstwertgefühl, Motivation und Vertrauen verliert – aber auch das Unternehmen, eben, weil es einen erstklassigen Mitarbeitenden verliert. 2 -  3 Jahre vergehen bis der Verlust sich auf den zweitklassigen Manager auswirkt - diesem fehlt nämlich irgendwann der Federschmuck. Seine Mitarbeiter sind zwar emsige Arbeitsbienen, erzielen alleine aber nicht mehr die Erfolge, die sie vorher gemeinsam erzielt haben, so dass der Häuptling bald nur noch mit einer einzigen Feder da steht – und – das kennen wir doch alle aus Kindertagen – bei Winnetou waren die, die nur eine Feder trugen auch nur das einfache Fußvolk.  So nackig erkennt auch irgendwann die Geschäftsführung die fehlende Kompetenz und trennt sich von dem zweitklassigen Manager – natürlich mit einer dicken Abfindung und „in gegenseitigem Einvernehmen“.

 

Und was ist dem Unternehmen unter´m Strich geblieben? Kosten, Kosten, Kosten!!! Die Folgen sind meist eine höhere Mitarbeiterfluktuation, ein negatives Employerbranding bis hin zur Rufschädigung des Unternehmens.

Und jetzt fängt das Dilemma für mich an. Als Personalberaterin und ausgebildeter Coach stellt sich mir die Frage – was wenn ein „verschrienes“ Unternehmen mit äußerst schlechtem Image (diese Unternehmen sind in unserer Branche gut bekannt) mich oder uns wegen einer Vakanz mit einem Search-Auftrag beauftragen will?

 

Stecke ich mir die Kohle ein – in der Gewissheit an dem Unternehmen weiter zu verdienen, weil demnächst dort Coachings und Outplacement-Beratung bei uns gebucht werden – und lasse einen oder mehrere Führungskräfte ins offene Messer laufen? Ja, leider gibt es solche Kollegen, aber manchmal ist es auch einfach deren Unerfahrenheit, weil sie neu sind in der Branche und sich seit einiger Zeit jeder zweite, der auf dem freien Markt keinen Job findet, frei nach dem Motto „Personal kann ja jeder“ „Personal- und Unternehmensberater“ nennt. Um nicht zu enden wie sie (deren Selbständigkeit hält in der Regel die 5-Jahres-Bestehens-Grenze häufig nicht bis zu Hälfte durch) und den eigenen Ruf nicht zu ruinieren, aber auch einfach aus ideellen Gründen, überlasse ich das lieber anderen.

 

Was ich jedoch mache, ist, dass ich meinen potenziellen Auftraggeber kennenlerne und mich davon überzeuge, dass das Unternehmen entweder seinem schlechten Ruf gerecht wird und dort alles beratungsresistent stagniert, oder aber mich von dem Gegenteil überzeugen lasse. Manchmal gibt es sie nämlich, die Unternehmen, die sich auch neu- und umstrukturieren, die erkannt haben, was die Firma „krank“ macht, die sich von den „Krankmachern“ getrennt haben und die besser und anders weitermachen wollen als zuvor. Bei solchen Unternehmen steige ich ein, nehme den Auftrag an und suche neue Führungskräfte für sie. Einfach ist es allerdings nicht, und es kostet viel Zeit, wirklich gute potenzielle neue Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass das Unternehmen einen neuen Kurs eingeschlagen hat.

 

Fazit: Während viele behaupten,  Psychopathen seien gut für den Fortschritt eines Unternehmens und hätten häufig eine Inselbegabung (oder wünschen sie sich ;-)), behaupte ich das Gegenteil, insbesonders sobald diese Menschen Mitarbeiter führen sollen. Sie können sich häufig sehr gut selbst darstellen und klettern die Karriereleiter gerne schnell hoch hinauf – bis zu dem Punkt (und der kann sehr früh sein), an dem sie die Verantwortung für ein Team übernehmen müssen. Da sie in der Regel nicht die Fähigkeit der Empathie besitzen und generell menschlich selten überzeugen können, ist das oft das Ende vom Lied für alle Beteiligten.

 

Mein Tipp: Berufsbezogene Persönlichkeitsdiagnostiken vor der Neueinstellung bzw. vor der internen Neubesetzung einer leitenden Funktion mit zu leitendem Team einführen, die Kandidaten intensiver auf Herz und Nieren prüfen und den Nasenfaktor mal weglassen, gute Mitarbeiterbefragungen durchführen lassen, gute Beratung von außen zulassen – das alles kann dem Unternehmen helfen, an einem Fall wie oben beschrieben, gar nicht erst zu erkranken.

 

 

 

 

 

Ein erlebter Fall. 90 Minuten Coaching. Teil I.

„Ich bin doch nicht doof!“

(veröffentlicht am 04.04.2017)

 

Eine Frau kam zu mir, die nach ihrer erfolgreich abgeschlossenen Studienzeit einen Job aufnehmen wollte bzw. eher musste, um finanziell unabhängig zu sein. Sie besaß wirklich gute Bewerbungsunterlagen und wurde zwar zu Bewerbungsgesprächen eingeladen, aber nach jedem der Bewerbungsgespräche bekam sie eine Ablehnung.

 

Sie fühlte sich verzweifelt, fast hoffnungslos und wusste nicht mehr, wie es für sie beruflich weitergehen sollte; besser gesagt: wie sie überhaupt beruflich starten konnte. Ich ließ sie über sich erzählen.

 

„Ich weiß wirklich nicht, warum das so ist, dass diese Personen mich immer ablehnen! Ich bin doch nicht doof! Nein, ich bin wirklich nicht doof! Ich war nie schlecht vorbereitet, wenn ich in die Gespräche gegangen bin, ich war nicht schlecht angezogen. Mir wurden Fachfragen gestellt, die ich auch nicht falsch beantwortet habe. Dann saß ich da und mir saßen drei, vier, fünf, einmal sogar sechs Leute gegenüber. Personaler, Abteilungsleiter und was weiß ich was. Die haben mich alle blöd angeguckt in ihren perfekten Outfits und mich schief angelächelt. Ich hatte das Gefühl, da war niemand auf mich vorbereitet, niemand schien meinen Lebenslauf zu kennen. Niemand kannte mich. Ich wünschte, die hätten gewusst, wie es ist, da zu sitzen, wo ich saß, mitten auf dem Präsentierteller!“

 

Beim Erzählen fiel sie immer mehr in sich auf ihrem Stuhl zusammen, die Schultern hingen an ihr herunter, sie wirkte kleiner, buckeliger, schaute mit gesenktem Kopf hoch. Ihr Gesicht wirkte zunächst angestrengt und war am Ende wütend verzogen. Ihre Augen waren klein wie zwei schmale Schlitze und auf ihrer Stirn befand sich eine tiefe Falte. Sie sprach erst laut und schnell, wurde dann immer leiser. Der zunächst neutrale Ton wurde unfreundlich, fast feindselig.  Mit anderen Worten: sie steckte komplett gerade in der Situation eines ihrer Bewerbungsgespräche. Sie zeigte mir, was mit ihr in so einem Gespräch passierte. Sie zeigte mir, wie die Personaler sie in den Gesprächen wahrnahmen.

 

„Sie wirken aufgebracht ... was fühlen Sie gerade?“ fragte ich sie. „Ich bin wütend!“ „Warum? Was macht Sie so wütend?“ „Ich bin wütend, weil ich da immer sitzen muss! Weil die mich nicht ernstnehmen! Weil die mich nicht kennen!“ sagte sie aufgebracht. „Wo fühlen Sie Ihre Wut besonders? In Ihrem Körper? Vielleicht im Kopf oder im Bauch, oder…“, sie unterbrach mich und antwortete direkt: „Im Bauch!“ „Wie fühlt sich die Wut an? Piekst sie Sie? Rauscht sie im Bauch? Was ist das für ein Gefühl?“ frage ich sie in dem gleichen Tonfall. „Sie fühlt sich an wie eine dicke, schwarze, schwere Bowlingkugel! Am liebsten würde ich diese Bowlingkugel nehmen und sie den Personalern auf den Tisch schmeißen!“

 

Um sie aus dieser Situation herauszuholen, musste ich sie unterbrechen. Ich verschüttete absichtlich beim Einschütten etwas Wasser, das aufgewischt werden musste. Ich stand auf, besorgte ein Tuch, während die junge Frau in ihrer Handtasche nach Taschentüchern zum Trocknen der Flüssigkeit suchte und unterbrach damit die Situation. Wir beide mussten darüber schmunzeln, und sie versicherte mir lächelnd, dass ihr so etwas auch ganz oft passiert wäre.

Wir tranken beide etwas, sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück, ich tat es ihr gleich.

 

„Wissen Sie, was mir aufgefallen ist, als Sie gerade erzählt haben?“

„Dass Sie mich nicht gut verstehen konnten?“ fragt sie mich mit gerunzelter Stirn. „Nein“, sagte ich, „ich konnte Sie sehr gut verstehen, aber mir ist ein Wort aufgefallen, das steckte auch in Ihrer Frage jetzt.“ Sie überlegte „…meinen Sie verstehen?“ „Ich meine das Wort nicht“. „Wieso?!“ fragte sie.  „Nun“, erwiderte ich, „das Wort nicht kam fast in jedem Ihrer Sätze vor … Sie sagten z. B., sie wären nicht schlecht vorbereitet gewesen, hätten nicht falsch geantwortet und wären nicht schlecht angezogen gewesen.“ „Oh“, sagte sie, zog die Augenbrauchen hoch und wirkte ein wenig erstaunt, aber auch ein wenig betreten, „Sie haben Recht! Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht! Das sollte ich nicht machen!“

 

„Können Sie das positiv formulieren?“ fragte ich sie mit einem Augenzwinkern. Sie lächelte. „Moment, ich überlege … ich sollte das lassen! Das ist positiv oder?“ Ich lächelte zurück „und ich war nicht schlecht vorbereitet, nicht schlecht gekleidet, nicht doof - können Sie das auch mal positiv formulieren?“ „Ja, ich war gut vorbereitet, ich war gut gekleidet, und ich bin….ich bin….ich kann ja jetzt nicht sagen, dass ich schlau bin!“

 

Sie guckte mich an und wirkte verzweifelt dabei. „Das darf man doch nicht!“ „Warum darf man das nicht? Man? Oder Sie? Wer sagt das, dass man das nicht darf?“ fragte ich sie. „Keine Ahnung! Aber ich kann doch nicht sagen, dass ich schlau bin, das geht doch nicht! Also ich kann so was jedenfalls nicht einfach so von mir behaupten!“

 

Ich fragte Sie, ob es sich für Sie vielleicht lohnen würde, mal zu schauen, warum sie meinte, das nicht zu können oder zu dürfen. „Vielleicht müssen wir einen oder mehrere Schritte in Ihre Vergangenheit gehen, vielleicht kann es ein bisschen schmerzhaft sein, aber es ist bestimmt lohnenswert. Wären Sie bereit dazu?“ fragte ich sie. Sie nickte und hatte keine Einwände.

 

 - Lesen Sie am Freitag in Teil II, wie das Coaching weiter- bzw. ausging. -

 

 

 

 

 

 

 

Die Kunst des Beklaut-Werdens und die Sicherheit der Unübersehbarkeit - oder: Wie gehe ich mit meinen eigenen neuen Konzepten um?

(veröffentlicht am 22.03.2017)

 

ie sind vielleicht auch Coach? Oder Berater? Oder sind Sie aus einer ganz anderen Branche und bieten in irgendeiner Form Dienstleistungen an?  Dann ist es fast üblich, dass man mal schaut, wer so um einen herum im direkten Umkreis, und sagen wir mal im Radius von bis vielleicht 60 – 70 km, ähnliche Dienstleistungen anbietet. Man schaut sich mal die Homepage an, normaler Weise um zu schauen, wie der Durchschnitt sich so präsentiert, und vielleicht um dieselben Fehler zu vermeiden. Das ist völlig normal und nichts Schlimmes.

 

Vielleicht kennen Sie das: Sie haben bereits eine Homepage und sind seit Kurzem im Besitz einer tollen und innovativen Idee, einem Konzept, möchten es umsetzen, machen es publik auf Ihrer Homepage oder in Ihren Netzwerken und – ZACK! –  kurz danach finden Sie genau Ihre Idee mit seltsamer Weise sehr ähnlichen Worten wie Ihren auf der Homepage von wem anders wieder? Vielleicht sogar der Homepage von Ihnen bekannten Kontakten? Oder Beratungen und/oder Coaches oder anderen Dienstleistern in Ihrer Umgebung?

 

Oder – wie ich bei mir selbst feststellen musste – auf der Homepage einer guten Bekannten, die ich eigentlich sehr geschätzt habe, die aber ganz nebenbei (und das als Juristin!) Dreiviertel meiner Homepage und das, was ihr an unserer Firmenhomepage gefiel – tatsächlich und eindeutig zu erkennen – geklaut und auf ihrer Homepage gnadenlos zusammengestellt hat.

 

Was passiert dann bei Ihnen? Spüren Sie, wie die Wut in Ihnen hochsteigt, oder bleiben Sie gelassen? Was machen Sie mit dem klugen Spruch „Mitleid bekommt man umsonst, Neid muss man sich erst erarbeiten?“ Hilft der Ihnen dann? Mir half er jedenfalls zunächst überhaupt nicht. Ja, ich spürte die Wut, wie eine heiße Kugel im Bauch und das Zucken in meinem Arm, der sofort den Telefonhörer nehmen wollte, um den Ideenklauer anzurufen und das Kribbeln in meinen Fingern, die in alle Netzwerke und am besten die ganze Welt hinaus schreiben wollten „XY hat meine Idee geklaut!! MEINE Idee!!!“.

 

Es ist wirklich so – es gibt sie, diese Ideenklauer, diese Trittbrettfahrer, die meinen, dass sie damit erfolgreich werden, in dem sie andere imitieren. Aber, es ist nicht so wie im Kindesalter – „Lernen durch Imitation“, denn, etwas auf seine Homepage zu packen und es in sein Portfolio mit aufzunehmen, hat nix mit Lernen oder gar Können zu tun.

 

Und genau das ist der Punkt. Das, was in Ihrem Kopf entsteht, Ihre Ideen, der Wunsch von dem, was Sie ganz persönlich Ihren Kunden anbieten möchten, Ihre Leidenschaft – das ist IHRS. Sie werden ja nichts anbieten wollen, dessen Sie nicht mächtig sind. Und genau das macht den Unterschied.

Diejenigen, die Ihre Vorhaben stehlen und nachmachen, in denen sind sie nicht gereift, die kennen sich in dem Bereich nicht so gut aus wie Sie, die sind zwar Nachahmer, aber eben nicht „Könner“.

 

Ich sag´s mal so: wenn ich ein Auto toll finde und die Karosserie nachbaue, dann heißt es noch lange nicht, dass es auch fährt. Oder: wenn ich mich nach Barbies Vorbild umoperieren lasse, bin ich danach noch lange nicht Barbie. Und wie wäre es damit: wenn ich ungefähr weiß, woraus Coca Cola besteht und versuche sie herzustellen, wird daraus allenfalls eine Limo, aber  noch lange keine Coca Cola.

 

Etwas nur nachzumachen hat als Ergebnis immer den billigen Abklatsch vom Original – es gelingt einfach nicht; es fehlt an Know-how und dem „gewissen Extra“.

 

In der Vergangenheit war ich immer etwas vorschnell – denn, hatte ich eine neue erfolgversprechende Idee, habe ich sie sofort auf meine Homepage gepackt, um die Welt darüber schnellstmöglich zu informieren. Mittlerweile biete ich – nach der Erstellung eines konkreten Konzepts meiner Idee – diese dann direkt in Unternehmen an, tausche mich mit Netzwerkpartnern verschiedener Unternehmen aus, bekomme dann durch viel fleißige Akquise die ersten Aufträge und schaue, wie die Idee sich in der Praxis tatsächlich umsetzen lässt. Schlägt sie ein, und ich bekomme Folgeaufträge, spricht es sich mit viel Glück schnell herum. Auf der anderen Seite kann es natürlich auch sein, dass sich etwas in der Praxis nicht so handhaben lässt, wie man es sich vorgestellt hat, oder, dass einfach schlichtweg kein Interesse an dem Produkt entsteht. Dann sollte man auch in der Lage sein, seine Idee begraben zu können, oder sie in die Schublade mit der Aufschrift „vielleicht irgendwann mal“ zu packen. Erst nach meinen ersten Erfahrungen, bringe ich meine erfolgreich umgesetzte Idee in die breite Öffentlichkeit – also auch auf meine Homepage.

 

Tja, und dann passiert das scheinbar absolut Unvermeidliche – schaut man dann 1 – 2 Wochen später auf einige Homepages von anderen Coaches, Beratern oder Dienstleistern in seiner Umgebung, von denen man ahnt, dass sie einen „auf dem Schirm haben“, dann befindet sich dort plötzlich bei einigen ein neuer Button mit einer tollen, neuen Leistung, einem tollen, neuen Produkt – IHREM Produkt.  Kennen Sie das vielleicht auch?

 

Mittlerweile schließe ich schon im Voraus Wetten ab, am wievielten Tag nach meiner oder auch unserer Veröffentlichung es bei einigen anderen soweit ist. Ja, ich versuche es mit Humor zu sehen – denn Menschen, die bei anderen klauen, gibt es immer. Die Frage, die ich mir – die Sie sich, wenn Ihnen so etwas widerfährt  vielleicht auch stellen – ist doch: wenn die anderen Anbieter mich „auf dem Schirm haben“ – denken sie denn tatsächlich, ICH hätte sie nicht „auf dem Schirm“?! Das ist ja so, als wenn ein 2-jähriges Kind die Augen schließt und meint, nur weil es uns nicht sieht, sehen wir es auch nicht.

 

Oh nein, Ihr da draußen! Ich habe Euch sogar ganz genau auf dem Schirm!

 

Aber Entwarnung! Es ist doch gar nicht so schlimm, wie man anfangs denkt. Was einfach wichtig ist, ist das persönliche Konzept, das „rund“ sein sollte und die eigene Kompetenz. Das, was man anbietet, sollte aufeinander abgestimmt und passend sein, so dass ein stimmiges Bild entsteht. Anbieten sollte man immer nur das, was man wirklich kann.

 

Das ist es auch, was Sie dann von den anderen, den Ideen-Dieben, unterscheidet. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es meistens diejenigen Mitstreiter waren und sind, die sich sowieso verbiegen; einzelne Berater, die z. B. neben Personalvermittlung auch BGM, Finanzdienstleistungen, Immobilienberatung und Selbstmarketing in ihrem Repertoire haben – augenscheinlich eierlegende Wollmilchsäue – die dann noch Bewerbungstrainings hinzufügen und plötzlich das inhaltlich doch zu 97 % mit Ihrem deckungsgleiche Seminar anbieten und zu guter Letzt einen Monat später auch Coaching obendrauf setzen, zwar ohne Ausbildung dafür, aber mit der Rechtfertigung ja immerhin „über 40 Jahre Lebenserfahrung“ zu besitzen; oder auch Coaches, die beispielsweise sonst Coachings für Privatpersonen und insbesondere zur Trauerbewältigung anbieten, die aber urplötzlich Vertriebsexperten sind und Vertriebs- und Verkaufscoachings offerieren.

 

Erkennen tut man sie auch schnell an der sich häufig ändernden Bezeichnung Ihres Jobs, wie „Experte“, „Spezialistin“ oder Ähnlichem und den stets passend zur Bezeichnung modifizierten Lebensläufen.

 

Sie sehen es selbst – es PASST aber nicht, es überzeugt nicht: es ist keine Gefahr für Sie.

 

Daher mein Fazit – bringen Sie Ihre innovative Idee, Ihr neues Konzept direkt an den Kunden, versuchen Sie, soweit wie möglich per E-Mail, Post, Telefon – im besten Fall persönlich – potentielle Kunden zu informieren und für sich zu gewinnen. Es muss nicht erst auf Ihrer Homepage stehen, damit ein potentieller Kunde, mit dem Sie reden, Sie und Ihr Produkt auch will. Seien Sie sich selbst bewusst, was Sie gut können und was Ihnen auf Ihre ganz eigene, ursprüngliche Art keiner nachmachen kann.

 

Wechseln Sie die Perspektive und fragen Sie sich, wie existentiell schlecht es diesen Menschen gehen muss, wenn sie ihr eigenes Angebot streichen und Ihres klauen oder ihre Leistungen deutlich erkennbar um die von Ihnen geklauten Ideen und Konzepte erweitern? Wie „tief unten“ auf ihrer beruflichen Laufbahn befinden diese Personen sich?

 

Denn: beklaut zu werden von Mitstreitern heißt: Ihre Idee scheint für andere erfolgreich zu sein; SIE scheinen in den Augen anderer erfolgreich zu sein – sonst würden andere es Ihnen nicht nachtun wollen.

 

Und wie hieß es nicht gleich? Ach ja: Mitleid bekommt man umsonst, Neid muss man sich erst erarbeiten.

 

 

 

Wie kommt ein Coach an seine Kunden? Teil III – Der Minijob

(veröffentlicht am 14.03.2017)

 

Suchen Sie sich einen Minijob in dem Bereich, in dem Sie coachen möchten! ….ja, das meine ich tatsächlich ernst. Ich habe ja schon angekündigt, dass der dritte Teil eigen wird – und das ist er auch. ANDERE Wege gehen – völlig egal, was andere denken. DAZU LERNEN, auf die ganz persönliche Art. ERGOLGREICH WERDEN, weil man „dieselbe Sprache“ spricht.

 

Was ich gemacht habe?

Am besten, ich starte bei A wie „A“usreichend Zeit. Klar habe ich als Personalberaterin einiges an Terminen und Aufgaben zu erledigen, aber, zugegeben – man hat immer etwas Zeit übrig, die man sich geschickt einteilen kann – und man hat auch noch die Samstage. Als ich also irgendwann mal wieder die Stellenanzeigen durchforstete, um zu schauen, welches Unternehmen gerade wen sucht (oder welche andere Beratung sich gerade wieder einen dicken Fisch an Land gezogen hat), las ich eine Anzeige für einen Minijob ganz in meiner Nähe. Gesucht wurde jemand für den beratungsintensiven Verkauf von Luxusgütern im filialisierten Einzelhandel. Urplötzlich hatte ich den Geistesblitz, mich selbst darauf bewerben zu wollen. Schließlich sind wir als Beratung auf den Handel spezialisiert, und ich wollte unbedingt Unternehmen als Abnehmer für meine Verkaufscoachings gewinnen, also, warum dann nicht sich selbst auf die Verkaufsfläche schmeißen, von anderen lernen, beobachten und typische Probleme im Verkauf erkennen und lösen? Warum nicht mal in der Haut an der vordersten Front stecken?

 

Meine sehr ehrliche Bewerbung stieß zwar auf Verwunderung, aber auch auf Neugier und nach einem kurzen Telefonat, einem 10 minütigen persönlichen Gespräch und ein paar Probestunden, wollten Filialleitung, Team und ich es miteinander wagen.

Sie denken, ich sei verrückt, dass ich mir 10 Stunden lang ohne Sitzen lustige Kundenwünsche und –beschwerden angetan hab´ für weit weniger als ein Zehntel meines normalen Tagessatzes? Damit sind Sie nicht alleine!

Dann gab es da noch die Menschen aus meiner täglichen Umgebung, die am Geschäft vorbeigingen und mich dort erkannten. Das Gerücht: „Psssst, hast du schon gehört, die Rahe verkauft jetzt Schmuck! Die müssen wohl keine Kohle mehr haben!“ verbreitete sich zu meiner Belustigung wie ein Lauffeuer in der Nachbarschaft und im größeren Bekanntenkreis.

 

Ja, Sie haben richtig gelesen. Schmuck. Ich habe hochwertigen Schmuck verkauft - vom Designer-Modeschmuck bis hin zum Brillanten für einige Tausend Euro.

Und wissen Sie was? Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Aus angedachten 2 Monaten wurden zwei Jahre, in denen ich tiefe Einblicke bekommen habe, unschätzbar wertvolle Erfahrungen sammeln konnte und an denen ich menschlich, fachlich und auch als Coach gewachsen bin.

 

Stellen Sie sich vor, es kommen an einem Tag vielleicht 40 Menschen (mal mehr, mal weniger, kommt auf die Saison an) in Ihr Geschäft, zu denen Sie direkt bei der Begrüßung eine Verbindung herstellen müssen, um ein Verkaufsgespräch einzuleiten.

Das kann ein Teenie sein, der seiner ersten Freundin ein Kettchen schenken möchte, ein Vorstand eines Bundesliga-Fußballvereins oder millionenschwere Spieler (alles erlebt), ein Arzt, eine Hausfrau, ein älterer Herr im beruflichen Ruhestand, der seiner Frau ein paar Ohrringe zur diamantenen Hochzeit schenken will, eine Nonne, ein junger Mann, der seiner Liebsten einen Verlobungsantrag machen möchte und einen Brillantring sucht, eine Esoterikern, die Ihre zerrissene Edelstein-Kette reparieren lassen möchte undundund. Worauf ich hinaus will? Gerade im Bereich Schmuck, Uhren & Co. gleicht der Tag im Laden einer Wundertüte, oder wir Forrest Gump sagen würde: einer Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was kommt, wer kommt – es ist immer spannend. Klar gibt es auch mal langweilige Tage, aber bei einem Minijob erlebt man diese eher selten.

Wie war das noch im Neurolinguistischen Programmieren? Man versucht, über die Sprache Zugang zu der Denkweise, der persönlichen Landkarte seines Gegenübers, zu bekommen. Wo sonst hat man denn an einem Tag so viele verschiedene Menschen mit so vielen individuellen Hintergründen?

Sich immer wieder neu zu kalibrieren, sich jedes Mal neu auf den nächsten Kunden einzustellen, ihn reden zu lassen, zu fragen, was er sucht, ihn erzählen zu lassen und dann zu erkennen, wie man auf ihn eingehen kann, indem man „seine Sprache spricht“, im Verkauf seine Schlagwörter aufnimmt, in seiner Sprache die Ware präsentiert und anhand kleinster physiologischer Reaktionen erkennt, was ihm gefällt, wobei er unentschlossen ist, oder womit er sich nicht wohlfühlt; den Kunden individuell zu beraten und ihn zu überzeugen, ohne ihm etwas aufzuschwatzen und aufdringlich zu sein.

 

Ich kann mir in der Praxis keine bessere Schule vorstellen, als diese. Ich habe wahnsinnig viel über Menschen gelernt in dieser Zeit.

Ganz nebenbei habe ich jegliche Scheu verloren, auf Menschen direkt und offen zuzugehen und ein Level mit ihnen herzustellen (das ist für mich für die Akquise als Coach & auch als Beraterin Gold wert), was insbesondere meiner direkten Umgebung aufgefallen ist, die sich nach zwei, drei Monaten gewundert hat über die unbefangene Freiheit, die ich plötzlich besaß und ausstrahlte.

 

Ganz nebenbei lernt man auch wahnsinnig viel über Filialstrukturen, typische Schwierigkeiten der Mitarbeiter und der Filialen untereinander und das Verhältnis zu Regionalleitung und zur Führungsebene. Speziell hinzu kommt das Führungsverhalten (ob negativ oder positiv) der Filialleitung. Ich habe erfahren,  wie sich das Verhalten der Führungskraft auf einen selbst und auf andere Mitarbeiter positiv oder negativ auswirken kann - wenn man es zulässt - und wie wichtig es ist, dass Filialleitungen in Sachen Führung, Empathie und Mitarbeiterbeurteilung unbedingt geschult werden müssen. Kurz gesagt – ich habe dort sehr viel erlebt und auch verinnerlicht. Genau das kommt mir als Coach jetzt zugute.

 

Wenn ich Kennenlern-Termine mit Unternehmen aus dem Einzelhandel habe, kann ich durch meine Erfahrung punkten; wenn ich auf die Coachees in spe treffen, spreche ich nicht nur ihre Sprache, sondern kenne auch die Probleme -  die gemeinsame Basis entwickelt sich fast „wie von selbst“, und genau das stößt auf großen Zuspruch, denn mein Gegenüber kann die Echtheit erkennen.

 

Nach den ersten paar Aufträgen im Handel, bei denen ich Mitarbeiter und Filialleitungen gecoacht habe, auch Verkaufscoachings auf der Fläche gegeben habe, hat sich in einigen Bereichen des Handels herumgesprochen, dass meine Unterstützung sehr erfolgreich war; und auch hier – wie in fast jedem Bereich – gilt: eine Weiterempfehlung ist die beste Werbung, die man haben kann.

 

Also: gehen Sie Ihren eigenen, persönlichen Weg! Machen Sie Erfahrungen dort, wo Sie coachen möchten! Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl und tun Sie das, was Sie als „richtig“ empfinden! Und seien Sie sich selbst wertvoll genug, völlig andere Wege zu gehen, auch, wenn Sie belächelt werden, denn nur Sie selbst bestimmen, wo es für Sie langgeht! 

 

 

 

 

 

Wie kommt ein Coach an seine Kunden? Teil II Coach the coach

(veröffentlicht am 08.03.17)

 

Ja, ernsthaft, ich komme jetzt genau damit. „Das habe ich schon gelesen“, oder „das sagen viele“, sind jetzt die Einwände, die bei Ihnen entstehen? Auf der einen Seite: berechtigt! Aber auf der andere Seite: nö.

 

Klar, habe ich das auch bei anderen gelesen, aber meine Erfahrungen sind da anders – und: ich hab´s wirklich getan, und es hat mir wirklich geholfen. Ich mache das nicht, um andere Coaches, mit denen ich eine Symbiose eingegangen bin, um voneinander zu profitieren, anzubieten. (Nicht, dass ich das irgendwem auch nur im Entferntesten unterstellen möchte…… niemals..). Ich war auch nicht bei einem Marketing-Coach und bei einem Persönlichkeits-Coach und bei einem Gründer-Coach und einem was-weiß-ich-was-Coach, sondern nur bei einem einzigen – dem für mich Richtigen.

 

Wenn Sie sich jetzt auch noch fragen, warum ich, wo ich doch ausgebildet darin bin, mir nicht einfach selbst geholfen habe, stelle ich eine Gegenfrage: Operiert sich ein Chirurg auch selbst? Oder, andere Frage: Wenn ein HNO-Arzt Herzprobleme hat, geht er dann nicht auch zu einem Kardiologen? Selbst, wenn er vielleicht sogar eine Diagnose-Vermutung hat, kann er sich dann auch behandeln? Nein! Es muss jemand von außen ran! Was ich meine – natürlich dreht sich im Coaching-Bereich alles um den Menschen, und es gibt viele Coaches, an die man sich wenden kann und von denen man kompetente Unterstützung bekommt, aber jeder Coach sollte darüber hinaus auch ein Spezialgebiet haben. Ich nehme nochmal die Mediziner als Vergleich; jeder Arzt durchläuft die gleiche vollwertige Grundausbildung, erst danach spezialisiert er sich auf einen Fachbereich. So ist es in der Regel auch bei Coaches. Auch Allgemeinmedizin ist übrigens ein Fachbereich.

 

Während ich schon einige Zeit ehrenamtlich Coachings angeboten habe (siehe mein letzter Blog / Teil I), kam auch sporadisch, bedingt durch meine Tätigkeit als Personalberaterin, der ein oder andere Coachee dazu, den ich über den jeweiligen Arbeitgeber als Kunden gewonnen habe. Trotzdem merkte ich gerade in dem beruflichen Coaching-Kontext, auf den ich mich (neben dem Verkaufscoaching) spezialisiert habe, insbesondere bei den Coachings mit Führungskräften aus dem Upper Management, den intensiven Drang, mich vor dem Termin am liebsten irgendwo zu verstecken, natürlich nicht, ohne mir im Vorfeld 156 Mal die Frage gestellt zu haben „warum machst du das hier überhaupt?!“. Ich spürte deutliche Verunsicherung, eine Art Versagensangst. Vermutlich die Angst, „sein Geld nicht wert zu sein“, nicht helfen zu können, zu scheitern, mir selbst nichts zuzutrauen. Zweifel, die hochkamen, bei denen ich rational klar wusste, dass sie überflüssig waren.

 

Tja, und was macht man in so einem Fall, wenn man zwar weiß, was man hat und vermutet, wo es herkommt und die OP am offenen Herzen bei sich selbst besser nicht alleine durchführt? Man sucht sich einen guten Coach!

 

Und darf ich jetzt mal was Witziges sagen? Ähm….das war gar nicht so einfach!

 

Dafür war es aber unschätzbar wertvoll, mal auf der anderen Seite zu stehen, mit anderen Coaches als deren vermeintlicher Kunde in Kontakt zu treten, Termine zu machen, und zu sehen, „ob die Chemie stimmt“. Kurz: mit den ersten beiden stand nach dem Gespräch fest, dass ich mit ihnen nicht arbeiten wollte, bei dem dritten fasste ich den Entschluss nach der ersten Sitzung – doch der vierte Coach war – und ist - goldrichtig für mich. Wir hatten sofort einen guten Draht zueinander, und wir beide waren uns sicher, dass wir miteinander arbeiten wollten. Spannend war für mich natürlich auch, welche Coaching-Tools zum Einsatz kommen würden.

 

Jedenfalls stellte sich heraus, dass es tatsächlich ein Versagenserlebnis war, dass ich irgendwann mal vor ewigen Jahren hatte, als ich noch nicht erwachsen war, verbunden mit einer Person, die damals eine Autoritätsperson für mich war. „Einfach“ denken Sie? Bestimmt kennen Sie sowas, dass Ihnen irgendetwas hinterherhinkt. Manchmal ist das Ereignis einem nicht wirklich bewusst, manchmal weiß man es aber ganz genau: und? Mal ehrlich: haben Sie es bei sich selbst alleine ändern können? Ich denke, ich kenne Ihre Antwort und sage Ihnen hiermit mit einem Augenzwinkern: darum gibt es Coaches. 

 

Aus meiner persönlichen Erfahrung weiß ich, dass es manchmal nur zwei Coaching-Stunden dauert; nach der ersten fühlt man sich meist direkt ganz anders – besser. Bei mir selbst z. B. hat es sofort gefruchtet; ein paar Stunden habe ich noch für ein paar Kettenreaktionen, die bei mir durch das damalige Ereignis passiert sind und manifestiert waren, gebraucht, mich vollständig davon zu befreien. Trotzdem gibt es immer mal wieder einen Anlass, ein Coaching in Anspruch zu nehmen – und das tue ich auch immer noch zwischendurch. Ich weiß nämlich jetzt, wie gut es tut, wenn man einen guten Coach hat, der mit seiner ganzen Aufmerksamkeit auf mich eingeht und bei dem nur ich und mein Anliegen im Mittelpunkt stehen.

 

Seitdem weiß ich es noch mehr zu schätzen, wenn ein Kunde in spe mir nach dem Gespräch mitteilt, dass er mich gern als Unterstützung hätte und mit mir gern arbeiten wolle. Mittlerweile ist es schon lange so, dass ich mich auf meine Coachings, auf die Menschen dahinter, schon am Abend vorher richtig freue und sie kaum erwarten kann – denn es erwartet mich ein Mensch, der mit mir - und mit dem auch ich - arbeiten möchte.  Besser geht´s doch gar nicht.

 

Der zweite, äußerst positive Effekt ist, dass ich vorher wirklich nur sporadische Anfragen von Unternehmen hatte. Ich habe das Gefühl, dass ausgerechnet der Bereich, auf den ich mich besonders spezialisiert habe – dem Coaching von Führungskräften – vorher durch meine einschränkende Denke, mein „Mind“, komplett blockiert und gar nicht wirklich offen war, für Anfragen oder Aufträge. Seitdem ich das abgelegt habe, finden  – und das ist tatsächlich wahr - immer mehr Unternehmen mein Coaching-Profil im Internet , teilweise durch Weiterempfehlung, teilweise aber auch einfach so, und vereinbaren Kennenlern-Termine mit mir und den Arbeitnehmern, die ein Coaching benötigen. Bis auf zwei sind auch alle meine Kunden geworden. Bei dem einen stimmte die Chemie nicht; der andere wollte ausschließlich einen Mann – den Anspruch konnte ich, selbst bei größter Mühe, leider nicht erfüllen. 

 

In Teil III erzähle ich Ihnen dann von einem ungewöhnlicheren Weg, den ich gegangen bin…

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Tanja Rahe

Studium der Arbeits- und Organisationspsychologie, NLP-Master (DVNLP), Systemischer Business-Coach, 10 Jahre Berufs- und Führungserfahrung im Gesundheits- und Sozialversicherungsswesen sowie 9 Jahre im Recruiting-, Coaching- und Consultingbereich und der Durchführung personal- und eignungsdiagnostischer Verfahren

 

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